Evangelische Kirchengemeinde Engelthal

Sankt-Willibalds-Kapelle

Am Tag des Heiligen Willibald, dem 07. Juli 2005 wurde in Engelthal die „Kapellenscheune“ wieder als Kirchlicher Raum in Benutzung genommen und als Kapelle eingeweiht.
Die „Kapellenscheune“, wie sie auch genannt wird, ist eine Kirchenruine. Sie ist die älteste Kirche in Engelthal, ein geschichtsträchtiger Ort, älter als das Kloster und zu Klosters-Zeiten möglicherweise die Kirche für die Bevölkerung, die Bauern und Bediensteten des Klosters, während die Nonnen in der Johanneskirche unter sich blieben. Mit ihrer Einweihung ist ein Stück der Geschichte Engelthals in das öffentliche Bewusstsein gerückt. Wir haben mit der Kapelle wieder einen sakralen Raum gewonnen und im Obergeschoß einen Raum mit vielfältigen Möglichkeiten für Besinnung, Begegnung und auch für die Jugend.
Die merkwürdige Bezeichnung „Kapellenscheune“ bezeichnet den ungewöhnlichen Baubestand aus dem Chor einer ehemaligen Kapelle und einer in Fachwerk errichteten Scheune mit gemeinsamer Überdachung.

Bereits im 11.Jahrhundert (zwischen 1057 und 1060) wurde ein Vorgängerbau der Kapelle dem Heiligen St. Willibald im damaligen Dorf Swinach durch den Eichstätter Bischof Gundekar II geweiht. Der Bau wurde mit Schenkung des Dorfes Swinach an Beginen im Jahre 1243 Kern des nun entstehenden Klosterdorfes Engelthal. Die bis heute erhaltenen Fragmente der ehemaligen Kapelle gehen auf einen Neubau im 14. Jahrhundert zurück.

Durch den Erbfolgekrieg im Jahr 1504 erlangte die Stadt Nürnberg die Landeshoheit über Engelthal. Ein mit 1505 datierter Wappenstein der damaligen Priorin Margarethe von Kümreuth an der Südfassade der Kapelle bezeugt das starke Selbstbewusstsein der Klosterbewohner gegenüber den neuen Landesherren. 1552 erschütterte der Markgrafenkrieg das Kloster, das 1565 endgültig aufgelassen und dem Rat der Stadt Nürnberg übergeben wurde.

Die Kapelle St. Willibald wurde vermutlich in diesem Krieg beschädigt und erst 1627 wieder für gottesdienstliche Zwecke verwendet. Für 1688 ist eine Restaurierung der Kapelle bezeugt. In diesem Zusammenhang stehen wohl auch die mit 1688 und 1689 datierten Wappensteine der beiden Nürnberger Patrizierfamilien Koler und Tetzel, die ebenfalls an der Südfassade des Kapellenchores eingesetzt wurden. Im Zuge dieser Renovierung wurden die Wand- und Gewölbeflächen vollflächig verputzt und der Chorraum neu gestaltet. 1811 wurde die Ruine der ehemaligen Kapelle in einen Scheunenneubau integriert und seitdem profaner Nutzung zugeführt.

Die Kirchengemeinde wünschte sich als Ergänzung zu dem abseits gelegenen Gemeindehaus eine temporäre Nutzung dieses historischen Gebäudes, das in seinem Bestand gefährdet war. Das Gebäudeensemble aus einer Chorruine des 14. Jahrhunderts, einer Überbauung mit einer Scheune des frühen 19. und einem Anbau des späten 19. Jahrhunderts sollte mit seinem Charme erhalten bleiben. Ein Hauptanliegen der Instandsetzung war, durch eine behutsame Restaurierung dem Fragment der alten Kapelle seine sakrale Würde wieder zurückzugeben.

Durch das Entgegenkommen der politischen Gemeinde Engelthal konnte der Anbau an das Gebäude der Kapellenscheune erworben werden, um Teeküche, Toilette und Lager unterzubringen.

Eine historische Abbildung des aufgelassenen Klosters Engelthal aus dem Jahre 1594 zeigt anschaulich die ehemalige Anlage des Ortes mit dem weiten Straßenraum zwischen den einzelnen Gebäuden. Die Platzsituation wird geprägt durch die öffentlichen Gebäude: Kapelle, Kirche, Gerichtsschreiberhaus, Klostermühle, Wirtshaus und Dorflinde. Sämtliche auf dem alten Plan dargestellten Gebäude sind bis heute erhalten. Lediglich die Dorflinde und Teile der Klostermauer fehlen. Die Wiederherstellung und Nutzbarmachung der Kapellenscheune Engelthal ist ein wichtiger Baustein der Nutzung des städtebaulichen Potentials der ehemaligen Klosteranlage.

Die Anlage eines Platzes vor der Kapellenscheune mit Bank und Sitzstufen schuf eine attraktive Aufenthaltszone als Treffpunkt für junge und alte Bewohner des Ortes und als Anlaufstelle für Touristen.  Bei Veranstaltungen der Kirchengemeinde kann dieser Platz bestuhlt werden. Auf diese Weise ist – gegenüber der Kirche – ein geistliches, kulturelles und gesellschaftliches Zentrum entstanden, das hoffentlich genutzt wird.

Pfarrer Siegfried Schwemmer